Das Motivationsschreiben ist manchmal Pflicht, manchmal Kür. Bewerber können sich mit Hilfe einer dritten Seite von ihrer besten Seite zeigen — aber den Gesamteindruck auch völlig zunichte machen. Für sie ist das Schreiben eine freiwillige Beigabe, die zusätzlichen Raum für warme Worte bietet. Bewerber hingegen, die einen Studienplatz oder ein Stipendium im Auge haben, müssen meist ein Motivationsschreiben beilegen. Dabei kann eine ganze Menge schiefgehen.
Was ist ein Motivationsschreiben?
Motivationsschreiben und Bewerbungsanschreiben — damit ist nicht dasselbe gemeint. Das Motivationsschreiben ergänzt vielmehr Anschreiben und Lebenslauf, wertet die Bewerbungsunterlagen bei einer internen oder externen Bewerbung zusätzlich auf. Das Schreiben ist freiwillig, wird von Bewerbern nicht zwingend erwartet. Man bezeichnet es auch als dritte Seite der Bewerbung oder als Seite drei.
Aber: Mit dem Motivationsschreiben kann auch das einzige im Fließtext geschriebene Dokument einer Bewerbung gemeint sein. Eingefordert wird es für zum Beispiel für Stipendien, Studienplätze, Auslandssemester oder ein Freiwilliges Soziales Jahr. Dann ist das Motivationsschreiben de facto ein Anschreiben, arbeitet die Motivation und Eignung des Kandidaten heraus.
Ist ein Motivationsschreiben sinnvoll?
In Zeiten von Informationsüberflutung und ultrakurzen Aufmerksamkeitsspannen könnte eine dritte Seite in den Bewerbungsunterlagen schon zu viel sein. Personaler mögen es kurz und knackig, möchten nicht mit Infos überschüttet werden. Die wesentlichen Angaben finden sie schon im tabellarischen Lebenslauf, welcher eindeutig das Rückgrat jeder Bewerbung ist. Zudem könnte man einwenden, dass es hochqualifizierte Ingenieure, IT-Spezialisten und technische Fachkräfte gar nicht nötig haben, mit einer dritten Seite Eigenwerbung zu betreiben — sie können sich die Arbeitgeber in Zeiten knapper Arbeitnehmerreservoirs oftmals aussuchen.
Auf der anderen Seite unterstreicht eine dritte Seite die Motivation des Bewerbers, verleiht der Bewerbung eine persönliche Note, hebt den Kandidaten von der Konkurrenz ab — gute Argumente, wenn man den Job unbedingt will. Sinnvoll ist ein Motivationsschreiben auch, wenn es Besonderheiten oder Brüche in der Karriere gibt, die sich nicht durch das Anschreiben und den Lebenslauf erklären lassen. Manchmal gibt es auch sehr viele Anforderungen an eine Stelle, auf die Bewerber im Motivationsschreiben zusätzlich eingehen können.
Nicht zu unterschätzen auch, dass ein gut strukturiertes Schreiben das Kompetenzniveau eines Kandidaten – zumindest in der äußeren Wahrnehmung – nach oben befördert. Viele Arbeitnehmer tun sich gerade mit dem Anschreiben schwer. Wer die schriftliche Erzählkunst halbwegs beherrscht, steht gleich in einem besseren Licht da — und könnte sich sogar als mögliche Führungsfigur in Position bringen. Denn überragende Fachkenntnisse sind das eine, Kommunikations- und Vermittlungskompetenz aber in leitender Position ebenso unersetzlich.
Durch die Beilage eines Motivationsschreibens demonstrieren Bewerber Grundtugenden wie:
- Motivation
- Einsatz
- Leistungsbereitschaft
- Wille
- Ehrgeiz
- Fleiß
Wie schreibt man ein gutes Motivationsschreiben?
Ein gutes Motivationsschreiben bietet einen Mehrwert. Es kaut nicht die Inhalte aus Anschreiben und Lebenslauf wieder, betreibt selbstbewusst Extra-Werbung für den Absender. Das fängt schon bei der Überschrift an. Interesse sollte sie wecken, den Empfänger neugierig auf den Verfasser machen. Hier sind einige Beispiele, wie das gelingen könnte:
- Meine Motivation
- Über mich
- Darum will ich für Sie arbeiten
- Was Sie über mich wissen sollten
- Das bin ich
- Was mich ausmacht
- Das können Sie von mir erwarten
- Das zeichnet mich aus
- Meine Top-Skills
- Das habe ich bislang erreicht
- Bisherige Erfolge
Wie sollte ein Motivationsschreiben aufgebaut sein?
Es gibt zwei grundlegende Optionen, wie Sie Ihr Motivationsschreiben aufbauen können:
Fließtext
Zusammenhängende Sätze, die Ihre Motivation, Erfolge oder Stärken auf den Punkt bringen. Der Briefcharakter ist stilistisch ansprechender, liest sich – hoffentlich – flüssig, ist aber nicht so übersichtlich. Wenn Sie ein Motivationsschreiben für Stipendium, Studienplatz oder Auslandssemester verfassen, dann ist ein Fließtext definitiv erste Wahl.
Aufzählung
Eine stichwortartige Aufzählung kann Erfolge, Erfahrungen oder Top-Skills wunderbar hervorheben, der Empfänger die Bulletpoints zügig scannen und erfassen. Dadurch grenzt sich sich das Dokument zudem stärker vom klassischen Anschreiben ab. Für Studienplatz- oder Stipendienanwärter ist eine Aufzählung hingegen weniger geeignet. Sie sollten in vollständigen Sätzen schreiben, Auflistungen auf den Lebenslauf beschränken.
Länge
Das Motivationsschreiben sollte eine Länge von einer DIN A4-Seite nicht überschreiten. Dies entspricht ungefähr 300 bis 400 Wörtern beziehungsweise 2.400 bis 3.200 Zeichen (mit Leerzeichen). Ist es zu lang, bläht es die Bewerbung auf. Wenn aber das Motivationsschreiben das einzige selbstverfasste Schreiben in der Bewerbung ist – zum Beispiel für einen Masterplatz oder ein Stipendium – dann darf es auch gerne zwei Seiten lang sein. Zwei dürre Absätze wiederum sind in jedem Fall zu wenig — dann kann man es sich ganz sparen.
Wie fange ich das Schreiben an?
Der erste Satz ist immer der schwerste. Jeder Schriftsteller weiß das; und jeder Bewerber vermutlich auch. Hier sind einige Beispiele für Einstiege, die Bezug auf den Adressaten nehmen und zum Weiterlesen animieren:
"Als wir vor längerer Zeit miteinander telefonierten, sagten Sie mir, wie dringend Sie jemanden suchen, der etwas von Datenbankpflege und SQL versteht. Damals waren meine SQL-Kenntnisse noch rudimentär, in der Zwischenzeit habe ich sie maßgeblich vorangetrieben…"
"Eigentlich kam eine interne Bewerbung für eine andere Position im Unternehmen für mich nie infrage, da ich mit meiner aktuellen sehr zufrieden bin. Als ich dann aber auf die ausgeschriebene Stelle als Projektleiter Sondermaschinenbau aufmerksam wurde, änderte sich meine Meinung schlagartig…"
"Jahrelang verfolge ich nun schon den Werdegang Ihres Unternehmens — und nahm interessiert die Meldung zur Kenntnis, dass Sie eine Expansion nach Südamerika vorbereiten. Durch meine Kontakte und Erfahrungen in der Region sowie meine hervorragenden Spanischkenntnisse könnte ich den Markteintritt tatkräftig unterstützen…"
Hauptteil
Einen Mehrwert hat die dritte Seite nur, wenn sie neue Fakten enthält oder Einblicke liefert – oder diese übersichtlich darstellt. Denkbar, im Hauptteil persönliche Stärken, Kompetenzen, Erfolge oder den Bezug zum Unternehmen genauer in den Blick zu nehmen. Zur Sprache kommen könnten zum Beispiel gewonnene Preise und Awards, IT-Skills wie Programmiersprachen oder ein Überblick über alle größeren Bauprojekte, an denen Sie als Architekt oder Bauingenieur mitgearbeitet haben. Auch persönliche Wertvorstellungen, private oder ehrenamtliche Projekte können hier ausgebreitet werden. Das Unternehmen schätzt dadurch möglicherweise besser ein, ob der Bewerber ins Team passt oder eine Bereicherung darstellt.
Im Motivationsschreiben können Bewerber selektieren, einzelne Highlights setzen, andere Fakten weglassen. Anspruch auf Vollständigkeit erhebt die dritte Seite nicht, die wesentlichen Daten über Person und Werdegang vermittelt ja bereits der Lebenslauf. Die Seite drei kann allerdings die Bewerbung vervollständigen, indem sie offene Fragen ausräumt und Informationen, die bis dahin zu kurz gekommen waren, nachliefert oder komplettiert.
Diese Aspekte können im Hauptteil eine tragende Rolle spielen:
- Fachliche Kompetenzen
- Soft Skills
- Akademische Erfolge
- Berufliche Erfolge und Erfahrungen
- Werte
- Bezug und Identifikation mit dem Unternehmen
- Soziales und gesellschaftliches Engagement
Wer dagegen ein Motivationsschreiben für Studienplatz, Stipendium oder FSJ verfasst, geht nach dem klassischen Schema vor, das auch für das Anschreiben gilt: Person vorstellen, die persönliche Motivation herausarbeiten, Stärken und Qualifikationen benennen, Ziele definieren.
Schluss
Im Schlussteil bedanken sich Bewerber für das Interesse, bekunden ihr Interesse an einem Kennenlernen und einer Zusammenarbeit. Ein guter Abschluss sendet Selbstvertrauen aus. Jetzt bloß nicht mit einer Unterwürfigkeitsgeste („Ich würde mich freuen, wenn Sie mir eine Chance geben“) enden und den letzten Eindruck vermasseln.
So könnte ein gelungener Schluss aussehen:
"Ich bin fest entschlossen, die Zukunft der erneuerbaren Energien aktiv mitzugestalten – am liebsten bei Ihnen."
"Mein Skillset und meine persönlichen Ambitionen passen einfach perfekt zu der von Ihnen ausgeschriebenen Stelle. Auf ein persönliches Kennenlernen und den fachlichen Austausch freue ich mich sehr."
"Meine Zukunft sehe ich eindeutig im Projektmanagement in der Automobilindustrie. Ich bin mir sicher, Sie von meinen Anliegen in einem Vorstellungsgespräch endgültig überzeugen zu können."
Fehler im Motivationsschreiben
Einen allzu sachlichen Ton sollte das Motivationsschreiben nicht anschlagen. Wissenschaftliche Sprache und Schachtelsätze, die dem Gegenüber Intellekt vorgaukeln sollen, sind fehl am Platze. Die dritte Seite ist keine Abschlussarbeit. Wichtig sind Lesbarkeit, Übersicht und Mehrwert – am besten in kurzen, prägnanten und verständlichen Sätzen oder Bulletpoints. Das Motivationsschreiben hat die Aufgabe, eine Bewerbung aufzuwerten, nicht abzuwerten. Dafür muss es sich harmonisch in die restlichen Unterlagen einfügen, darf keine Rechtschreib- oder Grammatikfehler enthalten.
Inhaltlich können Bewerber ihre persönlichen Werte und Ambitionen durchaus ansprechen, aber ein politisches Pamphlet sollte das Motivationsschreiben nicht sein. Abschreckend! Ein schlimmer Fauxpas ist auch, im Internet kursierende Vorlagen zu kopieren oder anzupassen — das merkt jeder Personaler. In diesem Fall bewirkt das Schreiben das genaue Gegenteil von dem, was es eigentlich sollte — und unterstellt dem Absender Faulheit, mangelnde Ehrlichkeit und Integrität, Antriebs- und Einfallslosigkeit.
An welche Stelle kommt das Schreiben in der Bewerbung?
Das Motivationsschreiben wird nicht umsonst als dritte Seite oder Seite drei bezeichnet. Es folgt in den Bewerbungsunterlagen entsprechend hinter dem Anschreiben und dem Lebenslauf — unabhängig von der Seitenanzahl des Lebenslaufs. Wer außerdem ein Deckblatt integrieren möchte, sortiert dieses vor dem Lebenslauf ein. Dadurch würde das Motivationsschreiben um eine weitere Position nach hinten rücken. Dahinter folgen Arbeitszeugnisse, Zertifikate, Referenzen und mögliche Arbeitsproben.